(Un-) Sinniges

Hier können Sie den Geist auslüften...

Das Mitbringsel

Mulla Nasrudin hatte vom Sultan den ehrenvollen Auftrag erhalten, auf Reisen zu gehen. Seine ehrenvolle Aufgabe war es, alle weisen Männer und Frauen des Zeitalters aufzusuchen, die Essenz ihrer Wahrheit zusammen zu tragen und an den Hof zu übermitteln. Als er nach monatelanger, kostspieliger Reise die Erkenntnisse schriftlich fixieren sollte, enthielt der Abschlussbericht nur ein einziges Wort: "Mohrrüben".

Der Sultan konnte seinen Zorn kaum zügeln und ließ Mulla Nasrudin recht unsanft vor den Thron schleppen. "Äußere Dich zu diesem Schwachsinn, Bube, bevor Dich die neunschwänzige Katze verspeist!"

Gelassen erhob Mulla Nasrudin seine Stimme: "Nun, mein Gebieter, die Sache mit der Weisheit der Welt verhält sich so: Ihr bester Teil ist vergraben. Nur wenige Menschen erkennen am Grün oberhalb der Erde das Rot unter der Erde. Wenn man sich nicht pfleglich um sie bemüht und unermüdlich für sie arbeitet, geht sie zu Grunde. Und es ist die Wahrheit: Zahllosen Eseln begegnet man in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft".

Weil damals das Regieren noch eine Sache von gesundem Menschenverstand und Kompetenz war, klatschte der Sultan vor Freude in die Hände, zahlte Mullas umfangreiche Spesenrechnung und entlies ihn obendrein reich beschenkt. Wahrlich, das ist lange her...

(Quelle: Also sprach Mulla Nasrudin, Ron Fischer (Hrsg.), Knauer 1993)

Zeit für die Seele

Es war vor etwa hundert Jahren in Afrika. Eine Expedition von Europäern und Eingeborenen bahnte sich monatelang ihren Weg durch Urwald und Savanne. Der Zeitplan musste eingehalten werden. So gab es gegen Ende immer wieder anstrengende Tage mit Gewaltmärschen. Da geschah nach einem anstrengenden Tag etwas, das die Europäer verblüffte: Am nächsten Morgen blieben die einheimischen Träger am Lagerfeuer sitzen. Sie wollten nicht losmarschieren. Die Leiterin der Expedition ließ über den Dolmetscher fragen, was los sei. Der Sprecher der Eingeborenen sagte: "Wir sind gestern zu schnell gewesen. Wir müssen warten. Unsere Seele ist noch nicht nachgekommen."